Wiegenlied im Freyen

[23] Goldne Wiegen schwingen

Und die Mücken singen,

Blumen sind die Wiegen,[23]

Kinder drinnen liegen,

Auf und nieder geht der Wind,

Geht sich warm und geht gelind.


Wie viel Kinder wiegen?

Wie viel soll ich kriegen?

Eins und zwey und dreye,

Und ich zähl auf's neue,

Auf und nieder geht der Wind,

Tausend Blumen wiegt geschwind.


Was zu viel, das ist zu viel,

Und ich frage nicht zum Spiel.


Drüben auf den Aesten wiegen

Sich zwey Aepfel ganz allein

Sich zu mir so freundlich biegen

Röthen ihre Backen klein

Und ich les' in ihren Zügen

Schuldlos Küssen, mein Vergnügen.


Und ich brech mit heiterm Singen

Diese Aepfel mir zum Schmaus

Und aus meinen Wangen dringen

Auch zwey Kinderköpf heraus,

Werd so viele Kinder bringen

Als hier rothe Aepfel hingen.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 23: Gedichte, Teil 2, Tübingen und Berlin 1976, S. 23-24.
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