Am Karfreitag


Die Sieben Creutz-Worte

[83] Nach der Singweise: Da Jesus an dem Creutze stund.


1.

O Jesu, deine Sieben Wort,

Mit denen du am Creutze dort

Hast gute Nacht gegeben,

Die laß einst seelig führen fort

Auch mich aus diesem Leben.


2.

Laß mich vergeben meinem Feind

Und sterben aller Menschen Freund,

Von gutem Herzen bitten

Vor jeden der es bös gemeint.

Diß waren deine Sitten.


3.

Laß mich bestellen wol mein Haus,

Mein Gut den meinen theilen aus,

Versorgt sie hinterlassen,

Vorsorgen auch üm eine Klaus,

Den Leib ins Grab zufassen.


4.

Gib, daß nach deinem Paradeis

Im Ende meiner Lebensreis

Mög meine Seel verlangen.

Laß nach dem Tod am Himmelskreis

Mich als ein Sternlein prangen.


5.

Dein Geist mir schreyen helf im Tod:

Laß mich nit in der letzten Noht

Von Gott verlassen werden.

Der Tod mir ruffe als dein Bot

Gen Himmel von der Erden.


6.

Alsdann, wann meine Sünd in mir

Sich reget und mich dürst nach dir,

So laß mich nicht verzagen.

Tröst mich durch deinen Diener hier,

Laß mich die Noht ihm klagen.
[83]

7.

Kommt aller meiner Tage Nacht,

So laß mich dein »Es ist vollbracht«

Mit Freuden dir nachsprechen.

Gib mir auch, daß fein sanft und sacht

Mir Herz und Augen brechen.


8.

Den Geist, wann er nun reisen sol,

Dein Geist mir helf empfehlen wol

Zu deines Vaters Händen.

Die Seel dein Engel zu dir hol,

So kan ich seelig enden.


9.

Wann ich mit dir stimm also an,

Werd ich dir nach mich als ein Schwan

Gen Himmel können schwingen.

Laß, Jesu, auf der Todesbahn

Mich zu dem Leben dringen.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 83-84.
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