Zwei Stammbuchverse

Zwei Stammbuchverse

[220] Wenn man sich einander kennet

Und sich Freund und Freundin nennet,

Reißt des Schicksals Donnerwort

Uns aus unsern Armen fort.


Doch, obschon dies zu beklagen,

Muß man nicht sogleich verzagen,

Denn der Freundschaft lange Hand

Reicht bis durch den Zollverband.


Zwei Stammbuchverse

Wo du bist und wo ich sei,

Ferneweg und nahebei –

Überall und auch indessen

Werd' ich deiner nicht vergessen.


Dein gedenk' ich, still erfreut,

Selbsten in der Einsamkeit –

Ja, im dicksten Publikum

Schwebt mein Geist um dich herum.
[221]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 220-222.
Lizenz:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Reigen

Reigen

Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.

62 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon