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Wie ist denn wohl der Diamant entstanden

Zu seiner unvergänglich festgeschloßnen Einheit,

Zu seiner ungetrübten, strahlenhellen Reinheit,

Verknüpft von so viel unsichtbaren Banden?


Wenn aus der Völker Schwellen und Versanden

Ein Neues sich zu einem Ganzen einreiht,

Lieb und Bedürfnis es zum Volke einweiht,

Wo Gleichgesinnte eine Heimat fanden:


Wer will denn da noch rütteln gar und feilen?

Zu spät! zu spät! schon ist's ein Diamant,

Der nicht mehr ist zu trüben und zu teilen!


Und wenn, wie man im Edelstein erkannt,

Darin noch kleine, fremde Körper weilen,

So sind sie fest umgossen und gebannt.


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 51.
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