Christlicher Lob-Gesang, wenn uns Gott mit Speise und Tranck so reichlich hat gesättiget

[207] 1.

Nvn lobet alle Gott,

Den Herren Zebaoth,

Der uns so wol gespeiset,

Der diese Stund' erweiset,

Daß seine Güt' und Treue

Mehr, als wir würdig seyn,

Sich alle Tag erneue

Und schenck' uns häuffig ein.


2.

Wir, die wir waren matt,

Sind nunmehr starck und satt,

Dieweil er hat gegeben

Die Nahrung' unserm Leben,

Dazu uns armen Kindern

Sein' überreiche Hand,

Wiewol so grossen Sündern,

Aus Gnaden zugewandt.


3.

Wir sagen dir, Herr, danck

Vor deine Speiß' und Tranck,

Die du mit Wolgefallen

So treulich schenckest allen,

Die deiner Güt' erwarten

Und in der Niedrigkeit

Nach dir, mein Gott, zu arthen

Sind Tag und Nacht bereit.


4.

Dein Segen macht uns reich;

Du sättigest zu gleich

Das, was auff Erden lebet

Und in den Lüfften schwebet.

Du gibst den wilden Thieren

Ihr Futter, Hew und Graß,

Das alles Fleisch muß spüren

Dein Hülff ohn' unterlaß.


5.

Herr, alles ist dein Gast,

Was du geschaffen hast.

Du speisest ja die Raben,

Die keinen Glauben haben;

Wie soltest du nicht hören

Die Menschen ins gemein,

Wenn sie zu dir sich kehren

Und gantz voll Glaubens seyn?


6.

Es mangelt nichts bey dir;

Du reichest uns herfür

Brodt, Nahrung' und die Hülle,

Des gibst du uns die Fülle,

Doch denen, die dir trauen,

Nicht, die so gantz und gar

Auff dieses Eitle bauen,

Das doch so wandelbahr.


7.

Wer stoltz und prächtig ist,

Dazu voll Trug und List,

Dem wird das nicht gewehret,

Was er durch Trotz begehret:

Nur denen, die da wissen,

Mit Furcht des Menschen Sohn

In dieser Zeit zu küssen,

Giebt er den Gnaden-Lohn.


8.

Drumb treten wir heran,

O Vater, auff den Plan,

Uns danckbar zu erweisen

Und deine Macht zu preisen,

Hernach umb Christus willen

Zu bitten, diese Stund

Uns damit zu erfüllen,

Was nütz ist und gesund.


9.

Dir geben wir die Ehr'

Und bitten ferner sehr,

Wenn wir hinführo tischen,

So wollest du erfrischen

Mit deinen edlen Gaben

Den Leib und auch zu gleich

Die arme Seel' erlaben:

So sind wir doppelt reich.
[208]

10.

Gib uns des Leibes Noth,

Die Kleidung' und das Brodt

Durch deinen reichen Segen,

Da alles an gelegen;

Sonst nützet kein begiessen.

Dein Wort, Herr, hilfft uns wol,

Die Speise zu geniessen,

So uns erhalten sol.


11.

Nun, Herr', ich zweiffle nicht,

Du gibst, was mir gebricht.

Behüte mich vor Sorgen,

Vor Klagen heut' und Morgen

Und was man geitzen nennet.

Hat doch ein jeder Tag,

Wie Christus selbst bekennet,

Sein' eigen Sorg' und Plag.


12.

Ich wil mein Lebenlang

Dir singen Lob und Danck,

Daß du mir hast bescheret

Vielmehr, als' ich begehret.

Ach Gott, was werd' ich haben

Nach dieser bösen Zeit?

Viel wunderschöne Gaben

Dort in der Ewigkeit!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 207-209.
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