Pyrrhus und Cyneas

[122] Im hofton Danheusers.


5. Mai 1541.


1.

Der groß streitbar künig Pyrrus

het ein getreuen rate,

der was genennet Cyneas,

dem was das kriegen zwider.

Einsmals er zu dem künig sprach:

»man saget, Rom, die state,

sei die streitbarest in der welt,

wan du die legest nider,

Wiltu darnach leben rusam?«

Pyrrus der sprach: »mit nichte!

dan gewin ich Italiam.«

Cyneas wider sprichte:

»wiltu dan darnach haben ru?«

er sprach: »nein ich wil kriegen

wider Siciliam.« »tustu dan siegen,

sprach Cyneas, wilt machen ent

deim kriegen um und ume?«

er sprach: »das würt erst ein anfang

zu bekriegen mit rume
[122]

2.

Lybiam und Carthaginem.«

Cyneas sprach fröleiche:

»wan du dise zwei reich erlegst,

dan magstu leicht gewinnen

Das küngreich Macedoniam

und Gräciam, das reiche,

wan du den auch hast obgesiegt,

was wiltu dan beginnen?«

Pyrrus der lachet diser frag,

sprach: »darnach wil ich zechen

und haben ganz gerute tag

mit singen unde sprechen.«

Cyneas zu dem künig sprach:

»wer tut dir ietzunt weren,

das du dein leben magst in ru verzeren?

wilt erst suchen mit gfärlikeit

und großem blutvergießen?

weißt doch nit, wies geraten wirt;

magst deins zu iem verließen.«


3.

Also der weis man Cyneas

den könig wolt ableiten

von seiner heftigen begir,

die er het zu dem kriege,

Das er in frid und stiller ru

sein reich im mächt bereiten

mit eim löblichen regiment,

das wer der schönest siege –

Als Plutarchus beschriben hat.

wenn alle küng und fürsten

nachfolgten diesem treuen rat,

ließen sich nach frit dürsten,

so blieben sie samt lant und leut

in frit, ru, güt und eren.

mancher wil sein reich erweiteren und meren,[123]

dardurch er oft das sein verleurt,

wirt fremden untertenig.

man spricht: wer zu vil haben wil,

dem wirt oft gar zu wenig.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 122-124.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Prinzessin Brambilla

Prinzessin Brambilla

Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.

110 Seiten, 4.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon