XXIV.

Auf die Gassaten-gehende Begerine und ihren possirlichen Galan, welcher allemahl, wenn er ein Nächtliches Rendesvous mit ihr halten will,

unter ihrem Kammer-Fenster wie eine Ente qväcket.[109]


UNter allem Frauen-Zimmer

In dem keuschen Elb-Athen

Wird des Nachts bey Sternen-Schimmer

Keine nicht gassaten gehn,

Als die geile Begerine,

Die Studenten-Violine.


Wenn diß Nacht-Licht nun erscheinet,

Stellt sich bald die Licht-Putz ein,

Die das Licht zu putzen meynet,

Ob es gleich von Fleisch und Bein;

Und da hält die arme Nille,

Wie ein Lamm, gedultig stille.


Fügt sich nun ihr Liebes-Glücke;

Fragt sie nicht: Wer? Wie? und Wo?

Sie ist zwar vom Mittel-Stücke

Weit beschrien; doch ists nicht so.

Ihre Jungfernschafft ist enge,

In die Queer und in die Länge.


Possen! Ihre Liebes-Tasche

Ist mit nichten ausgedehnt;

Allenfalls hat sie die Flasche

Von Louisen1 schon gelehnt,

Deren Tropffen (helff mir lachen!)

Weite Jungfern enge machen.[110]


Darum bleibet sie doch schöne,

Ob ihr gleich zum Zeit-Vertreib

Dann und wann die Musen-Söhne

Höckern auf den geilen Leib.

Sie lacht nur zu solchen Possen;

Weil die meisten fehl geschossen.


Tausendmahl hat sie probiret,

Wie der Liebes-Hempelmann

Mit den Jungfern courtisiret:

Daß sie mehr erzehlen kan

Von verliebten Nectar-Flüssen,

Als wol manche Weiber wissen.


Dennoch bleib ich ihr gewogen,

Weil ich ihren Liebes-Seim

Und sie meinen eingesogen,

Welcher, als wie Vogel-Leim,

Mein Hertz an ihr Hertze klebet,

Das ihr gantz zu eigen lebet.


Nimmermehr kan unser Kater

Seiner Kietze günstger seyn;

Uad ich glaube: Mein Herr Vater

Kan nicht so ein Gläßgen Wein,

Kein alt Weib die welcke Rüben,

Als ich Begerinen, lieben.[111]


Denck ich ihrer Liebes-Chosen,

Hüpfft mir der Hopheisasa

In den ertz-verliebten Hosen,

Die ich von der Groß-Mama

Ihrem rothen Scharlach-Rocke

Machen ließ beym Ziegen-Bocke.


Ach du Fix-Stern meiner Seele,

Laß mich durch den Tubum doch

Sehn in deine Liebes-Höle,

In das Zucker-süsse Loch,

Wo schon, bey so jungen Jahren,

Mancher aus- und eingefahren.


Wenn du wüstest, wie mich brennte

Deiner Augen heisser Strahl?

Liessest du die arme Ente2,

Die so quäcket, gern einmahl

Zu dir in dein Bette steigen,

Und dich von Sanct Stephan geigen.


Nun ich stehe vor der Thüre;

Laß mich Lumpen-Bettler ein!

Denn es warten ihrer viere,

Neben mir, in heisser Pein.

Wirst du uns nicht Kühlung gönnen,

Müssen wir vor Glut verbrennen.[112]


Sprich ein Wörtgen der Genaden!

Oeffne aus Barmhertzigkeit

Den verschloßnen Fenster-Laden

Höre, wie die Ente schreyt.

Laß mich in dein Zimmer steigen!

Ich will auch dein Leib-Stück geigen


Fußnoten

1 Diese ist ihre Gespielin und zugleich ihre Lehrmeisterin in der Liebe gewesen.

2 Ist der Galan selber / welcher zum Zeichen seiner Gegenwart / wie eine Ente / quäckete.


Quelle:
Poetische Grillen bey Müßigen Stunden von Le Pansiv, Erfurt 1729, S. 105.
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